Bulgarien im Altertum

Auf dem Gebiet des heutigen Bulgarien reichen die Spuren weit in die Frühzeit zurück. Zeugnis darüber legen die prähistorischen Gemälde in der Magura-Höhle ab, auch einige der ältesten Goldfunde der Welt. Dieser Schatz aus 2000 Stücken fand sich bei den Ausgrabungen der halkolithischen Totenstadt in Varna und wird von den Archäologen auf die Zeit von zu 4600 - 4200 v. Chr. datiert.

Auch die jungsteinzeitlichen Grabhügel nahe Durankulak und Karanovo, die rund 7.000 Jahre alt sind, und die runischen Inschriften in der Nähe des Dorfes von Gradeshnica in der Region Lovech zeigen die Spuren der frühen Besiedlung.

Die Thraker
Die frühesten Bewohner des heutigen Bulgarien waren die Thraker. Dem alten griechischen Historiker Herodot zufolge waren die Thraker ein großes Volk, das zweitgrößte nach den Indern. In Homers Dichtungen der Ilias und die Odyssee finden sich Informationen über das Leben der Thraker, die seit dem 8 Jahrhundert v. Chr. in diesem Landesteil lebten. Informationen über die Thraker erhalten wir heute aus den Ausgrabungen von Tumuli oder den Grabhügeln, die man verstreut über ganz Bulgarien findet. Dies waren die Orte, an denen die Mitglieder des thrakischen Adels begraben wurden.

Die Thraker glaubten an ein Leben jenseits des Todes. War der Verstorbene ein Mann, so wurde er zusammen mit seiner Lieblingsfrau begraben. Mit ins Grab kamen sein Streitwagen mit den vorgespannten Pferden, verschiedene Waffen sowie Gebrauchsgegenstände des Alltags. Die thrakische Gruft in der Nähe der Stadt Kazanlyk, reich dekoriert mit Wandgemälden, ist ein außergewöhnlich wertvolles Monument der thrakischen Kultur. Die kriegerischsten unter ihnen waren die Odrysai, die im 5 Jahrhundert v. Chr. lebten. Ihr Siedlungsgebiet begann nördlich des Balkangebirges, das im Altertum Hemus genannt wurde, und reichte bis zur Donau. Der Anführer des größten Sklavenaufstandes im Altertum, Spartakus, war ein Thraker. Dionysos, der Gott der Fruchtbarkeit, des Weines und des Dramas, war ein Bestandteil der thrakischen Kultur. Auch der Kult um den Wein und der Mythos von Orpheus wurden auf Vasen und Wandgemälden dargestellt.

Im 6. und 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung errichteten die Griechen die ersten Kolonien an der Küste des Schwarzen Meeres. In der Mitte des 4. vorchristlichen Jahrhunderts endete die selbständige Herrschaft der Thraker mit der Eroberung durch Alexander den Großen. Schließlich eroberten die Römer in der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. die thrakischen Länder und festigten damit die Kontrolle über den Balkan. Nach der Teilung des römischen Reiches im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung wurde der Balkan Teil des oströmischen Reiches von Byzanz.

Die Gründung des ersten bulgarischen Staates
Zu den Thrakern wanderten zwei weitere Völker auf das Gebiet des heutigen Bulgariens - die Slawen und die Protobulgaren. Die ersteren ließen sich im 5. und 6. Jahrhundert auf dem Balkan nieder, die Protobulgaren kamen im 7. Jahrhundert aus dem Wolgagebiet. Sie nahmen ihren Weg unter ihrem Stammeshäuptling Asparuh (Isperich) nach Westen und erreichten am Anfang des letzten Viertels des 7. Jahrhunderts die Donau, die sie überschritten. Bald kam es zu Spannungen mit dem südlich angrenzenden Byzanz, das gegen die neuen Eindringlinge in den Krieg zog. Die Protobulgaren schlossen ein Bündnis mit den slawischen Nachbarn, konnten die Byzantiner bezwingen und errichteten 681 den ersten Staat mit dem Namen Bulgarien. Die erste bulgarische Hauptstadt wurde Pliska. Die protobulgarische Oberschicht verschmolz in der Folgezeit mit den ansässigen Slawen zu dem heutigen Volk der Bulgaren.